Rennen
Langstreckenläufer Panathenäische Preisamphore mit vier Läufern (530-520 v. Chr.). Die Position der sich kaum bewegenden Arme und die geballten Fäuste sind typisch für einen Langstreckenlauf. (Bild: Foto von © Trustees of the British Museum unter CC BY-NC-SA 4.0 lizensiert) |
Rennen war die älteste und wichtigste Disziplin in Olympia. Von 776 bis 728 v. Chr. war der Stadionlauf über ca. 180 Meter sogar der einzige Wettkampf. Bis in die römische Zeit gab der Sieger im Stadionlauf seinen Namen der Olympiade, in der er gewonnen hatte. Mit der Zeit kamen auch andere Rennen hinzu. Bei den Olympischen Spielen wurden folgende weitere Läufe abseits des Stadionlaufs eingeführt: der Diaulos (d. h. über die doppelte Distanz des Stadions), der Waffenlauf und der Dolichos, ein Langstreckenlauf. Bei den Isthmischen, Nemeischen und Panathenäischen Spielen gab es außerdem noch den Hippios, wobei man eine Distanz von vier Stadien zurücklegen musste. Der Fackellauf war keine olympische Disziplin. Der Marathonlauf fand auch nicht in Olympia statt; er ist eine moderne Erfindung.
Griechische Athleten spezialisierten sich zunehmend auf eine Sportart, genau wie moderne Sportler. Läufer waren häufig dazu in der Lage, sowohl den Stadionlauf als auch den Diaulos zu gewinnen, aber dass sie auch gleichzeitig im Langstreckenlauf dominierten war selten. Philostratus beschreibt die idealen physischen Eigenschaften für Kurz- und Langstreckenläufer.
Philostratus beschreibt die idealen Läufer:
Wer sich im Dolichos auszeichnen will, soll an Schultern und Nacken stark sein ähnlich einem Fünfkämpfer, aber zarte und leichte Beine haben, wie die Stadionläufer; jene bringen nämlich ihre Beine mittelst der Hände in scharfe Laufbewegung, gleichsam von den Händen beflügelt, die Dauerläufer tun dies am Ziel, in der übrigen Zeit aber gehen sie fast wie im Schritt, die Hände in Stoßstellung vorhaltend, weshalb sie kräftigere Schultern brauchen. [...] Von den Stadionläufern, die die leichteste Kampfart darstellen, sind die Proportionierten auch ganz gut, besser aber als diese solche, die nicht überlang, aber doch etwas schlanker sind als die Proportionierten; denn die übermäßige Länge ermangelt der Festigkeit wie die in die Höhe geschossenen Gewächse. Ihr Bau soll ein kräftiger sein, denn der Anfang des guten Laufes ist der gute Stand. Ihr Körperverhältnis aber sei folgendes: Die Beine sollen den Schultern entsprechen, der Brustkorb etwas unter dem Schienbein gerade, die Hände über das Maß; sie sollen auch mäßige Muskulatur haben; denn überstarke Muskeln sind Bleigewichte für die Schnelligkeit. Zum Wettkämpfern im Diaulos bestimme man solche, die stärker sind als die Stadionläufer, aber leichter als die Waffenläufer.
(Übersetzung adaptiert von Julius Jüthner)
Läufer in Startposition Eine Bronzestatue eines Teilnehmers am Waffenlauf beim Start. Ein Fuß steht in der ersten der zwei Rillen bei der Startlinie, der andere in der zweiten. Der Läufer trägt noch immer seinen Helm auf dem Kopf, sein Schild hingegen ist verschwunden. (Bild: Foto von Museum der Universität Tübingen MUT unter CC BY-SA 4.0 lizensiert) |
Die Athleten liefen bei den Rennen nackt und barfuß auf der Laufbahn, die man ebenfalls „Stadion“ nannte. Die Oberfläche bestand aus Sand. Start und Ziel bildeten ursprünglich zwei einfache Linien, die in den Sand gezeichnet waren. Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. wurden dauerhafte Linien aus Stein eingeführt. Am Start konnten die Läufer ihre Füße in zwei parallele Einbuchtungen im Stein setzen. In manchen Stadien, wie etwa dem in Delos und jenem am Isthmos, hielt ein komplizierter Startmechanismus die Sportler mit einem kleinen Riegel fest, der fiel, sobald das Zeichen zum Start gegeben wurde.
Wenn die zurückzulegende Distanz länger war als das Stadion mussten die Athleten am Wendepunkt umkehren, einem Mast am Ende der Bahn. Diese scharfe Kurve von 180 Grad zu nehmen war schwierig. Stürze und Betrugsversuche – z. B. noch vor dem Mast umzudrehen – konnten nicht immer verhindert werden, wenn mehrere Sportler gleichzeitig am Wendepunkt ankamen.