Weitsprung
Halteres Diese „Halteres“ oder Sprunggewichte wurden für den antiken Weitsprung verwendet, indem die Daumen durch die Löcher gesteckt wurden. (Bild: Foto von Portum ist unter CC BY-SA 3.0 lizensiert) |
Der Weitsprung war keine selbstständige Wettkampfsdisziplin, sondern Teil des Pentathlons. Genau wie heute landete der Springer in einer Sandgrube, die man dadurch schuf, indem man den harten Sand des Stadions auf einer Länge von etwas mehr als fünfzehn Metern zusammentrug.
Ein wichtiger Unterschied zum heutigen Weitsprung ist, dass die Griechen in jeder Hand Gewichte von 1,5 bis 2 Kilogramm hielten. Dank dieser Gewichte konnten die Griechen weiter springen und sicherer landen. Experimente haben gezeigt, dass bei der modernen Sprungtechnik die Gewichte die Sprungweite reduzieren und den Sportler beim Anlauf behindern. Offensichtlich sprangen die Griechen aus dem Stand und ihre Füße standen nebeneinander: Der Absprung ist dann stärker, wenn man die Gewichte nach vorne schwingt. Führt man die Gewichte dann beim Landen nach hinten, so dienen sie als Gegengewicht und verhindern, dass man nach vorne fällt.
Philostratus beschreibt die Vorteile, Sprunggewichte – die sogenannte Halteres – zu benutzen.
Das Sprunggewicht ist eine Erfindung der Fünfkämpfer, erfunden aber wurde es für den Sprung, von dem es auch den Namen hat; denn die Spielregeln betrachten den Sprung als schwierigere Kampfart und feuern den Springenden mit Flötenspiel an und beflügeln ihn mit dem Sprunggewichte; es ist nämlich ein sicherer Führer für die Hände und bringt die Füße fest und elegant auf den Boden. Was das aber wert ist, zeigen die Spielregeln. Sie gestatten nämlich nicht die Ausmessung des Sprunges, wenn die Sprungspur nicht tadellos ist. Es üben aber die länglichen Sprunggewichte Schultern und Arme, die rundlichen auch die Finger. Leichte wie schwere Athleten sollen sie bei allen Übungen nebenbei verwenden, die Erholung ausgenommen.
Das moderne Wort „Halter“ kommt aus dem Griechischen und wird von „halma“, der technischen Bezeichnung für Weitsprung oder von „hallomai“, dem Verb „springen“, abgeleitet.
(Übersetzung von Julius Jüthner)
Weitspringer mit Halteres Auf dem Bild dieser Trinkschale (Kylix) aus dem ausgehenden 6. Jhd. v. Chr. ist ein bekränzter Athlet zu sehen. Er ist gerade dabei, die Halteres aufzuheben. (Bild: Foto von © Trustees of the British Museum unter CC BY-NC-SA 4.0 lizensiert) |
Ein zweites Problem stellt die Länge des Sprungs dar. Phayllos von Kroton, einer der größten Weitspringer der Antike, sprang 55 Fuß weit (16,3 Meter) und landete, da die meisten Sandgruben nur etwa 15 Meter lang waren, außerhalb der Grube. Da ein geübter Athlet aus dem Stand heraus nicht weiter als drei Meter springen kann, muss der Weitsprung der Griechen aus mehreren Sprüngen bestanden haben. Wahrscheinlich machten sie fünf Sprünge hintereinander – denn die Nummer 5 stand symbolisch für den Pentathlon –, und zwar jedes Mal wieder aus dem Stand heraus, also anders als die heutige „Hüpfen-Schreiten-Springen“-Methode. Den zweiten Sprung führte man von dem Punkt aus, an dem man im ersten Sprung gelandet war. In einem modernen Experiment erreichten guttrainierte Sportler tatsächlich eine Länge von 15 Metern, indem sie diese Technik anwandten. Da ein Mehrfachsprung viel Koordination benötigt, wurde das Springen immer von Flötenmusik begleitet.
Ein byzantinisches Lexikon berichtet über eine Inschrift von einer Statue des Phayllos:
An der Statue von Phayllos, dem Pentathleten aus Kroton, steht geschrieben:
55 Fuß weit sprang Phayllos, den Diskus warf er fünf weniger als hundert.
Dieses Gedicht stellt eine außergewöhnliche Quelle dar, weil uns nur wenige Berichte von der Weite eines Sprungs oder eines Wurfs überliefert sind.