Wagenrennen mit einem Viergespann

 

Vierergespann am Wendepunkt
Auf dieser pseudo Panathenäischen Amphora aus Vulci (um 500 v. Chr.) ist ein Vierergespann am Wendepunkt abgebildet. Auch wenn es durch die frontale Perspektive so scheint, als handele es sich um ein Zweiergespann, veranschaulichen die Hufe die Anzahl der Pferde.
(Bild: Foto von MatthiasKabel ist unter CC BY-SA 3.0 lizensiert)

Das Wagenrennen mit vier Pferden wurde 680 v. Chr. als erste hippische Disziplin eingeführt. 384 v. Chr. wurde außerdem das Rennen mit einen Vierergespann für Fohlen eingeführt. In Olympia rannten die Pferde zwölf Runden, d. h. ca. 14 Kilometer. Die Fohlen legten nur 8 Runden bzw. 9 Kilometer zurück.
Auch nach Einführung des Wagenrennens mit einen Zweiergespann und des Pferderennens blieb das Wagenrennen mit vier Pferden die Disziplin mit dem höchsten Ansehen, da es mehr Geld und Mühe erforderte, ein gutes Team aus vier Pferden zusammenzustellen. Pindar schrieb vierzehn Oden für Sieger im Wagenrennen mit einem Vierergespann (verglichen mit acht für Sieger im Pankration, die zweithäufigste Sportart).


QUELLE: Pindar, Olympia 3

Pindars dritte olympische Ode würdigt den Sieg des sizilischen Tyrannen Theron von Akragas in dem Rennen für Viergespanne 475 v. Chr.:


Tyndareos‘ gastliche Söhn‘! O seid, und du, schönlockige Schwester, mir hold
Wenn jetzt ich erhöhe den Ruhm von Akragas,
Aufrichtend Olympiasieges Loblied – den rastlosrennenden Rossen ein Schmuck –
Für Theron. So sehr warst du hilfreich, Muse, dass neufunkelnde Weisen erfindungsreich du gabst,
Um Gesang zum Dorerzeitmaß einzufügen,
Feste verherrlichend. (...)
Dem dann auch uralter herakleischer Satzung getreu,
Hellas‘ unparteiischer Richter im Kampf, ein Mann vom Stamm Aitolia’s,
Hoch ob den Wimpern ins Haar blaufarbigen Schimmer des Ölzweigs flicht, den einst von dem umschatteten Istrosquell hierher Amphitryons Sprössling gebracht,
Um zu sein olymp’schen Kampfspiels schönstes Denkmal,
Da die Verehrer Apolls ansprechend Er im hyperboreischen Land
Bat redlich gesinnt für Zeus‘ gastfreien Hain
Um jenes Gewächs, zugleich zum Schattendach und menschlicher Tugenden Kranz.
Denn schon geweiht ihm waren Zeus‘ Altäre (...)

Als ihn des Vaters Gebot zwang fertig zu sein auf Eurystheus‘ Forderung,
Heim ihm zu bringen die Hirschkuh mit dem Goldhorn, welche Taygeta der
Artemis einst heilig schrieb an ihrer Stelle.
Und sie verfolgend erblickt‘ er hinter Nordwinds frostigem Hauche dies Land
Mit Bäumen; sogleich in Bewunderung stand der still,
Und süßes Verlangen ergriff ihn, um der Rennbahn zwölfmalumbogenes Ziel
davon zu sei’n. Auch heute wallt zu diesem Fest huldreich er heran mit dem gottgleich strahlenden
Zwillingspaar Leba’s, der reichumschürzten Fürstin,
Dem er, als Er zum Olymp auffuhr, das Pflegamt gab des bezaubernden Spiels,
zu männlicher Tugend und rasch hinrollender
Wettfahrten Entscheid. Nun getreut mir kund zu tun mein Herz: dass Emmenides‘ Haus
Und Theron Siegsruhm schmückt, durch Huld rosskund’ger Tyndariden geschenkt, da ja Niemand öfter, als
Sie, mit Gastmahltafeln Ehr‘ antu’n den Brüdern,
(...) ja so gelangte zur Ruhmsmark Theron durch Tugend, und streift an Herakles‘
Säulen mit eigener Kraft. Was weiter reicht, ist Toren und Weisen versperrt.
Nein, so hoch traun steig‘ ich nicht; ein Eitler wär‘ ich.


Pindar beschreibt nie das tatsächliche Rennen in seinen Siegesliedern sondern setzte den Sieg in einen mythischen Zusammenhang. Theron verdankt seinen Sieg seiner Hingabe zu den mythischen Söhnen des Tyndareos. Er erklärt die Verbindung zwischen diesen Helden (Halbgöttern) und den Olympischen Spielen: Nachdem Herakles die Spiele gegründet hatte und den Olivenbaum nach Olympia gebracht hatte, wurde er ein Gott und stieg hinauf auf den Olymp um dort mit den anderen Göttern zu leben. Er bestimmte die Söhne des Tyndareos als Verantwortliche für die Spiele.

 

(Übersetzung adaptiert von Gustav Ludwig)

 

Die zwei Pferde in der Mitte waren unter das Joch gebunden, die zwei äußeren Pferde waren mit ihm durch ein Seil verbunden. Das Pferd rechts außen war das wichtigste: da die Kurve bei einer Wende immer links herum genommen wurde, musste das rechte Pferd das schnellste im Gespann sein.

 

QUELLE: Sophokles, Elektra 719-748

Sophokles beschreibt ein aufregendes Pferderennen mit Viergespannen in Delphi mit dem fiktionalen Wagenlenker Orest als Protagonist:


Nachdem die Kämpfer standen, wie das Schiedsgericht
Durchs Los die Stellung ihrer Wagen ordnete,
Flog unter Erztrompetenschall der Zug dahin,
Indes die Zügel schwenkend, ihren Rossen sie
Zuriefen; krachender Wagen dumpf Gerassel scholl,
Die ganze Rennbahn füllend; hoch aufwirbelte
Der Staub, und alle stürmten durcheinander fort,
Die Stacheln rastlos brauchend, dass sie hinter sich
Der Anderen Achsen ließen und der Rosse Dampf.
(...)
Anfänglich rollten alle Wagen regelrecht;
Dann aber ging des Makedoniers Rossgespann
Hartmündig durch, und als sie wieder umgewandt,
Den sechsten Lauf vollendend, auf den siebenten,
Stieß jenes stirnwärts auf die libyschen Wagen ein.
Ein großes Unheil; Einer schlug den Anderen wund,
Im Schlag zu Boden sinkend, und gescheiterter
Rennwagen Trümmer füllten rings das Krysafeld.
(...)
Als letzter fuhr Orestes, welcher sein Gespann
Mit Fleiß zurückhielt, bauend auf des Kampfes Schluss.
Als jener aber ihn allein noch übrig sieht,
Verfolgt‘ er ihn, und seine Donnerstimme schlug
Ans Ohr der Renner; beide fuhren, Joch an Joch,
Schritt haltend

(...)
Als plötzlich er den linken Zügel schießen ließ
Im Punkt der Wendung, dass er auf der Säule Rand
Verborgen anschlug; mitten brach der Achsenring,
Er glitt herab vom Wagen, und verwirrte sich
Im Riemenwerk; die Rosse rannten, scheu gemacht

Vom Sturz des Lenkers, durch die Bahn in wilde Flucht.


(Übersetzung adaptiert von Johannes Minckwitz)