Römische Führer und griechischer Sport

 

Die Arena und der Circus waren Orte, wo die führenden Persönlichkeiten und das Volk von Rom sich treffen konnten. Deshalb brachten römische Politiker der republikanischen Zeit Unsummen auf, um das römische Volk mit Gladiatorenspielen und Tierhetzen in der Arena oder mit Wagenrennen zu unterhalten. Von Augustus bis in die byzantinische Zeit hinein waren die römischen Spiele ein wichtiger Bestandteil der kaiserlichen Propaganda. In dem von ihnen eroberten griechischen Osten begegneten die römische Führer aber einer ganz anderen Tradition von Spielen: den athletischen Wettkämpfen.

 

Büste des Augustus
Diese Büste zeigt den Kaiser Augustus mit Bürgerkrone auf dem Haupt. Typisch für Porträts des Augustus sind die Ebenmäßigkeit sowie die Unbewegtheit seiner Gesichtszüge, die dem Kaiser eine erhabene Erscheinung verleihen.
(Bild: Foto von Bibi Saint-Pol / gemeinfrei)

Insgesamt war die römische Sicht auf den griechischen Sport nicht besonders positiv. Nichtsdestotrotz ergriffen römische Kaiser Maßnahmen, um ihn zu fördern. Sie übernahmen die Rolle der hellenistischen Könige und organisierten und sponserten griechische Spiele, auch im römischen Westen. Die berühmtesten dieser von Kaisern gegründeten Wettkämpfe waren die Actischen Spiele an der griechischen Westküste, die „Neronia“ des Kaisers Nero und die Kapitolinischen Spiele des Domitian. Im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. gehörten die Actischen Spiele und die Kapitolinischen Spiele sogar zur Periodos.

 

Die römischen Kaiser übten außerdem einen großen Einfluss auf den griechischen Sport im ganzen Osten aus. Als zentrale Autorität sorgten sie dafür, dass der Festkreislauf gut organisiert war, denn dadurch erzeugten sie eine positive Stimmung im griechischen Osten. Die Kaiser entschieden über den Rang der Spiele, sie regulierten die Privilegien und Belohnungen der Athleten, sorgten dafür, dass sich die wichtigsten Spiele nicht überschnitten usw. Kürzlich entdeckte Briefe des Kaisers Hadrian zeigen deutlich, wie dieser sich selbst mit den kleinsten Aspekten der Spiele auseinandersetzte. Da der Kaiser eine derart wichtige Rolle für die Spiele hatte, zog auch der internationale Athletenverband nach Rom, um am Kaiserhof Einfluss nehmen zu können.

 

QUELLE: Briefe des Kaisers Hadrian SEG LVI 1359

Im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. führten viele Städte neue Wettbewerbe ein. Dies führte zwangsläufig zu Problemen. Die Teilnehmer beschwerten sich zum Beispiel darüber, dass eine Stadt zwar einen Wettkampf ankündigte, dann aber ihr Geld für andere Zwecke verwendet hatte, wenn sie dort eintrafen. Eine andere häufige Beschwerde war, dass aufgrund der vielen neuen Spiele die alten Spiele Teilnehmer verloren, weil die Wettkämpfer nicht die Zeit dafür hatten, an allen teilzunehmen. Als 134 n. Chr. Kaiser Hadrian die Spiele in Neapel besuchte, suchten ihn sowohl Städte als auch die Verbände der professionellen Sportler und Künstler auf und klagten ihm ihr Leid. In den Briefen hier setzt der Kaiser neue Regeln durch: Die Regeln werden strenger und er organisiert die zeitliche Abfolge einiger Spiele neu, so dass die Reise von einem Wettkampf zum nächsten einfacher zu bewerkstelligen wurde.


1. Brief: Ich befehle, dass alle Wettkämpfe abgehalten werden sollen und dass es keiner Stadt erlaubt sei, Gelder für etwas anderes auszugeben, die für einen Wettbewerb vorgesehen sind …, auch verbiete ich, Gelder, die als Preise für die Teilnehmer oder als Pensionen für die Sieger gedacht sind, zum Bau von Gebäuden zu verwenden. Sollte eine Stadt dringend eine Finanzierungsmöglichkeit suchen, nicht zum Zwecke von Luxus und Extravaganz, sondern um im Falle einer Nahrungsmittelknappheit Weizen bereitstellen zu können, so solle man an mich schreiben. … Es ist nicht nur Ungerechtigkeit sondern zu einem gewissen Grad auch Betrug, wenn man Spiele ankündigt und Teilnehmer einlädt, um dann bei deren Ankunft die Veranstaltung gleich, beim Anfang oder in der Mitte des Programms abzusagen. Und wo das geschieht, mögen die Wettkämpfer die Preise unter sich aufteilen, selbst wenn sie sich nicht miteinander gemessen haben sollten.
2. Brief: Ich habe beschlossen, dass die Spiele, worüber man vor mich Reden und Petitionen in Neapel gebracht hat, so geplant werden sollen … : Ich habe als Beginn die Olympischen Spielen gewählt, da dieser Wettkampf der älteste und prestigeträchtigste unter den griechischen ist. Nach den Olympischen sollen die Isthmischen Spiele kommen und nach den Isthmien die Hadrianeia, so dass dieser Wettbewerb an dem Tag anfängt, nachdem das Fest in Eleusis endet, und das ist nach Athener Brauch der erste Tag des Maimakterion. Die Hadrianeia sollen vierzig Tage dauern, und der Wettkampf in Tarentum soll nach den Hadrianeia abgehalten werden im Monat Januar. Nach den Kapitolinischen Spielen – diese bleiben geplant wie bisher – folgen die Spiele in Neapel. Dann sollen die Actia folgen, beginnend am neunten Tag vor den Kalenden des Oktober, und sie sollen enden nach vierzig Tagen. …


Die Olympischen Spiele, die Isthmien und die Hadrianeia fanden in Griechenland statt, im Sommer und Frühherbst. Dann mussten die Teilnehmer nach Tarent in Süditalien reisen, was von Griechenland aus relativ einfach zu erreichen war. Sie blieben in Italien für die nächsten Monate, um an den Kapitolia und den Spielen in Neapel teilzunehmen. Die Actischen Spiele fanden wiederum in Griechenland statt, jedoch an der Westküste, und waren daher leicht von Italien aus zu erreichen.

 

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