Tierhetzen

 

Das Mosiak des Magerius
Dieses Mosaik aus dem frühen 3. Jahrhundert n. Chr., gefunden in El Djem (heutiges Tunesien), zeigt vier Männer im Kampf gegen vier Leoparden; alle (menschliche und tierische) Teilnehmer sind benannt. In der Mitte sehen wir Magerius, den Mann, der für diese Spiele bezahlt hat. Das Mosaik zeigt schön, wie Tierhetzen auch in kleinen Städten an der Grenze des Römischen Reiches eine große Popularität genossen.
(Bild: Foto von Pascal Radigue bearb. v. Pethrus unter CC BY 3.0 lizensiert)

Die Römer trafen zum ersten Mal 275 v. Chr. auf exotische Tiere, als man Elefanten aus dem Heer des Pyrrhos fing und im Triumphzug nach Rom brachte. Seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. bildeten Tierhetzen („venationes“) eine zusätzliche Attraktion der staatlichen Spiele („ludi“), die bislang nur aus Pferderennen und Theateraufführungen bestanden hatten. Man fing die Tiere bei speziellen Expeditionen in Afrika. Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. wurden die venationes mit den Gladiatorenspielen („munera“) im Amphitheater kombiniert.

 

Solch ein Spektakel im Amphitheater begann am Morgen mit den Tierhetzen, die oft als eine Art Aufwärmphase für die Gladiatorenkämpfe am Nachmittag gesehen wurden. Die Zuschauer wussten bereits im Vorfeld, welche Tiere kämpfen würden, jedoch nicht, gegen wen, z. B. ein Stier gegen einen Elefanten, ein Löwe gegen einen Leoparden usw. Nach diesen Kämpfen machten gezähmte Tiere Kunststücke als Pausenfüller. Danach kämpften speziell ausgebildete Männer („venatores“ oder „bestiarii“) gegen wilde Tiere, manchmal ein Mann gegen ein Tier, manchmal eine Gruppe Jäger gegen eine ganze Tierherde. Zu bestimmten Anlässen wurden große Mengen an wilden Tieren umgebracht. Beispielsweise brachte man für die Spiele, die Pompeius 55 v. Chr. organisierte, 600 Löwen, 410 Leoparden, viele Affen, ein Rhinozeros und einen Luchs nach Rom.

 

„Den Bestien“ vorgeworfen
Ausschnitt eines Mosaiks aus dem späten 3. Jahrhundert n. Chr. aus El Djem (heutiges Tunesien): Ein Gefangener mit gefesselten Händen wird von einem Leoparden in der Arena verschlungen. Bilder von öffentlichen Verurteilungen im Amphitheater sind selten. Üblicherweise wurden Kampfszenen zwischen Jägern und wilden Tieren bevorzugt.
(Bild: Tunisia-3363 - Amphitheatre Spectacle von Dennis Jarvis unter CC BY-SA 2.0 lizensiert)

Nach der Tierhetze fanden um die Mittagszeit öffentliche Hinrichtungen statt. Bürger wurden normalerweise mit dem Schwert getötet, Sklaven und Freigelassene kreuzigte man. Am beeindruckendsten für die Zuschauer war die Hinrichtung derjenigen, die man „den Tieren vorwarf“: Schutzlose Gefangene wurden wilden und ausgehungerten Tieren vorgesetzt.

 

Wilde Tierhetzen waren noch bis ins frühe Mittelalter hinein beliebt, länger also als Gladiatorenkämpfe, weil es gegen sie keine christlichen Proteste gab. Die spanischen Stierkämpfe gehen zurück auf diese frühmittelalterlichen Tierjagden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Konstanze Schiemann