Nationalität

 

Die griechischen Städte waren stolz auf ihre Sportler. Die Stadt teilte den Ruhm, den die Sportler bei den Spielen durch einen Sieg erwarben: Wenn der Sieger verkündet wurde, nannte man nämlich auch immer seine Heimatstadt. Auch in Ehrenschriften wird der Sieger immer mit seiner Herkunft identifiziert. Mit einem großen sportlichen Sieg in Verbindung gebracht zu werden, war eine große Ehre für eine Stadt und siegreiche Athleten erhielten daher bei ihrer Rückkehr einen feierlichen Empfang und wurden reich belohnt.

 

Man musste aber auch die Bürgerschaft einer griechischen Stadt haben, um überhaupt an den Wettkämpfen teilnehmen zu können. Allerdings vergrößerte sich die griechische Welt im Laufe der Zeit. Die rote Farbe auf der Karte zeigt die griechische Welt im 5. Jahrhundert v. Chr. Die gelbe Farbe steht für die Gebiete, die durch Alexander den Großen im späten 4. Jahrhundert dazugekommen sind. Während der Kaiserzeit dehnte sich die griechische Welt dann noch weiter aus. Im 3. Jahrhundert n. Chr. praktizierte man griechischen Sport sogar in den grün eingefärbten Gebieten.

 

Einige Teilnehmer an den griechischen Spielen wurden als Bürger einer anderen Stadt als ihrer Heimatstadt proklamiert. Die politische Situation in der Heimat konnte Athleten dazu zwingen, zu einer anderen Stadt zu gehen. Dorieus und sein Neffe Peisirodos kamen beispielsweise beide aus Rhodos, wurden aber einmal als Bürger von Thurioi deklariert, als die Rhodier zeitweise den Athleten ablehnend gegenüberstanden. Die sizilischen Tyrannen versuchten, fremde Ausnahmeathleten zu bestechen, damit sie sich als Bürger der Stadt ausgaben, die sie beherrschten. Astylos von Kroton siegte 488 und 484 v. Chr. im Stadionlauf und im Diaulos. Daraufhin trat Gelon, der Tyrann von Syrakus, an ihn heran. 480 gewann Astylos abermals beide Wettbewerbe, dieses Mal jedoch für Syrakus. Als die Bürger von Kroton von diesem „Transfer“ ihres besten Sportlers erfuhren, zerstörten sie dessen Statue und wandelten sein Haus in ein Gefängnis um.

 

QUELLE: Pausanias VI 13, 1

Pausanias über Astylos von Kroton:


Die Statue des Astylos von Kroton ist ein Werk des Pythagoras. In drei aufeinanderfolgenden Olympiaden errang er Siege im Stadionlauf und im Diaulos. Weil er sich bei seinen letzten beiden Siegen als Syrakuser antrat, um Hieron, dem Sohn des Deinomenes, zu gefallen, beschlossen die Bürger von Kroton sein Haus zu einem Gefängnis zu machen und sie zerstörten seine Statue beim Lakinian Hera.


Die Chronologie, die Pausanias hier präsentiert, ist nicht vollkommen stimmig. Hieron war zwischen 478 und 466 v. Chr. Tyrann von Syrakus. Astylos gewann als Bürger von Kroton 488 und 484 v. Chr. und als Bürger von Syrakus 480 v. Chr. Zu dem Zeitpunkt herrschte aber Geron, Hierons Bruder, noch in Syrakus.

 

 

In römischer Zeit waren die besten Athleten häufig gleichzeitig Bürger mehrerer Städte. Wenn ein Athlet Spiele an einem Ort gewonnen hatte, bot ihm die verantwortliche Stadt gelegentlich die Ehrenbürgerschaft an. Manchmal erhielten die Sieger sogar einen Ehrenplatz im Stadtrat. Für die Athleten kann die mehrfache Bürgerschaft mehrere Ehrungen und Belohnungen bedeutet haben, wenn sie bei einem der großen Spiele gewonnen.

 

QUELLE: Inschrift CIG 2811 A

Ein Ehrendekret des internationalen Athletenverbands für Aelius Aurelius Menander, einen ehemaligen Athleten und ‚Xystarch‘ (d. h. Abgeordneter des Athletenverbands) bei den Preisspielen in Antiochia. Die Statue, auf dessen Basis das Dekret verewigt war, wurde ihm in seiner Heimatstadt Aphrodisias etwa um 150 n. Chr. errichtet.


Der heilige internationale Athletenverband der Sieger bei den heiligen Kranzspielen aus der ganzen Welt, unter dem Schutz des Herakles und des Wettkampfgottes und des Kaisers M. Aurelius Antoninus und L. Aurelius Verus, hat in Colonia Antiocheia Caesarea bei den Preisspielen von einem Talent beschlossen auf Vorschlag des R. Aelius M---- Ringer und Sieger: Weil Aelius Aurelius Menander, Sieger und Xystarch auf Lebenszeit der Spiele in Colonia Antiocheia, der, weil er ehrenvoll und leidenschaftlich gekämpft hat, solche Ehre erreicht hat, dass er erstens mit gutem Glück so viele Wettkämpfe gewonnen hat und Ehre bei jedem Wettkampf errungen hat für seine hervorragende Heimatstadt in Form von Proklamationen und Kränzen und insbesondere auch zu Zeiten des göttlichen Antonius (Kaiser Antoninus Pius), so dass er nicht nur von dessen Hand bekränzt wurde, sondern auch mit außerordentlichen Ehren geehrt wurde; weil er in der Zwischenzeit Verbandsleiter (Xystarches) geworden ist und sich mit solcher Vorsorge und Gründlichkeit und mit allem Eifer um unsere Interessen gekümmert hat, währenddessen er auf hervorragende und besonders gute Weise sein Amt ausgeübt hat; weil wir aus diesen und anderen Gründen immer wieder und auch jetzt den Mann rühmen und Zeugnis für ihn ablegen, haben wir Beschlüsse an die Herren Kaiser geschickt, weil wir meinen, dass er die größten und passendsten Erwiderungen verdient für seinen guten Willen uns gegenüber, und weil er mit ausreichend Ausgaben und viel Aufwand darin erfolgreich gewesen ist, dafür zu sorgen, dass die gegenwärtigen Spiele in Antiochia durchgeführt würden, so dass wir den Eindruck bekommen, dass die Gelder aus seinen eigenen Mitteln bereitgestellt wurden. Daher ist beschlossen worden, mit gutem Glück Menander zu danken vor dem allerheiligsten Rat und den bedeutendsten Menschen von Aphrodisias wegen dem, was beschrieben worden ist, und ihn zu ehren mit der Errichtung von Statuen und der Weihung von Bildern am allerbesten Platz seiner Heimatstadt; die Ehren sollen aufgeschrieben werden mit den Worten dieses Dekrets, so dass unsere Ehrungen für ihn ewig seien. Er ist auch Bürger folgender Städte: Pergamon, Colonia Antiocheia Caesarea, und Ratsherr von Theben, Apollonia (sowohl das in Lykien als auch das in Thrakien), Milet, Pessinous, Claudipolis. Zenon, Sohn des Apollonius, Enkel des Menander, sein Bruder, war verantwortlich für die Ehren.

 

Auflösung der Abkürzung