Inschriften auf Stein

 

Inschrift mit acht Kränzen
(Bild: "Kränze" ist eine Modifikation des Bildes "Isthmia, Victory Inscription (2)" von Jona Lendering unter CC0 1.0 lizensiert. "Kränze" ist unter CC0 1.0 lizensiert [Simon Schall]).

Mit einem Sieg bei den Spielen war für einen Athleten großer Ruhm verbunden: Der Herold verkündete seinen Namen, den Namen seines Vaters und den seiner Stadt, und der Vorsitzende der Spiele übergab ihm einen Siegeskranz. Bei seiner Heimkehr feierte man ihn erneut und er erhielt eine Belohnung. Zwar war derartiger Ruhm nur temporär, allerdings gab es Möglichkeiten, ihn zu verewigen. Eine Möglichkeit (vor allem im 5. Jahrhundert v. Chr.) war, ein Siegeslied in Auftrag zu geben. Die Siegeslieder Pindars und Bacchylides' las man aufgrund ihrer hohen literarischen Qualität noch Jahrhunderte später. Siegreiche Sportler wurden außerdem in Statuen aus Bronze oder Stein verewigt und mithilfe von Inschriften, die man entweder auf einer Statuenbasis oder auf einer eigenen Stele anbrachte.

 

Diese Inschriften auf Stein stellen heutzutage eine der wichtigsten Quellengattungen zu den antiken Wettkämpfen dar. Tausende von ihnen haben sich erhalten, nicht nur an den Austragungsorten der Spiele (z. B. in Olympia), sondern auch in den Heimatstädten der gefeierten Sportler. Manche Inschriften beziehen sich auf bestimmte Spiele und listen die Sieger aller Altersklassen und Disziplinen auf. Die meisten jedoch ehren einen Athleten für seine ganze Karriere bis hin zu dem Tag, an dem die Inschrift aufgestellt wurde. Der Aufbau dieser Texte ist einfach: der Sieger wird identifiziert und seine Siege werden aufgezählt, meist nach ihrer Bedeutung (beginnend mit den Olympischen Spielen) oder chronologisch (von der Altersklasse „Knabe“ hin zu „Mann“) geordnet. Besondere Titel oder Rekorde wurden ebenfalls verzeichnet. Manchmal stellten verschiedene Kränze die Siege dar, wobei man den Namen der Spiele inmitten jedes Kranzes schrieb.

 

QUELLE: Anthologia Palatina XIII 16

Dieses Gedicht ehrt den Sieg der Kyniska:


Mit Königen von Sparta als meine Vorfahren und Brüder,
war ich, Kyniska, siegreich mit meinem Gespann von leichtfüßigen Pferden,
und habe ich diese Statue errichtet. Ich kann sagen, dass ich die einzige Frau
in ganz Griechenland bin, die diesen Kranz errungen hat.


Dieses Gedicht wurde auf den Sockel einer Statue in Olympia geschrieben, die von deutschen Archäologen ausgegraben wurde. Unter dem Gedicht steht der Name des Bildhauers geschrieben, Apelleas, Sohn des Kallikles. Weil das Gedicht berühmt war, wurde es in die byzantinische „Anthologia Palatina“ aufgenommen und ist so auch über die literarische Überlieferung bewahrt.

 

Einige dieser Inschriften wurden als Gedicht verfasst. Diese Gedichte, genannt „Epigramme“, können äußerst geistreich gestaltet sein; dann bündeln sie alle wichtigen Errungenschaften eines Athleten in wenigen Zeilen und im strengen Rhythmus der homerischen Verse. Im Hellenismus entwickelten sich diese kurzen Siegesgedichte zu einer eigenständigen literarischen Gattung. Die schönsten Gedichte wurden nicht immer auf Stein festgehalten, sondern in Gedichtbänden gesammelt. Manche dieser Gedichte konnten auch als Parodie gemeint sein, wie beispielsweise jene des Lucillius, welcher die Form der Epigramme wählte, um sich über Sport lustig zu machen.

 

QUELLE: Poseidippos, Hippika 78

Poseidippos war ein Hofdichter der Ptolemäer, den helllenistischen Königen in Ägypten. In diesem Gedicht über den Sieg der Prinzessin Berenike erwähnt er auch die Siege ihrer Eltern und Großeltern in den olympischen Pferderennen. Das Gedicht hat einige Lücken, da es uns nur durch eine Abschrift auf einer leicht beschädigten Papyrusrolle überliefert ist. Die Abschrift wurde wahrscheinlich noch zu Lebzeiten des Poseidippos erstellt und stammt so aus den 250er oder 240er Jahren v. Chr.


Besingt, alle Sänger, meinen Ruhme, wenn ihr gern Bekanntes verkündet, weil mein Ruhm von langer Zeit herrührt. Mit dem Wagen nämlich siegte mein Großvater Ptolemaios, mit seinen Pferden über die Rennbahn von Pisa fahrend. Ebenso siegte Berenike, die Mutter meines Vaters. Mit dem Wagen alsdann errang den Sieg mein Vater, der König, der von seinem Vater, der auch König war, den Namen erhielt. Alle drei Siege mit dem Gespann errang Arsinoe bei einem einzigen Wettbewerb. (…) heiliges Geschlecht (…) der Frauen (…) jungfräulich (…) Olympia wurde Zeuge (all dieser Großtaten) eines einzigen Hauses. Besinget nun denn, ihr Frauen von Makedonien, den Siegeskranz der Königin Berenike, für das Rennen mit dem Viergespann ausgewachsener Pferde.

(Übersetzung von Martin Hose)


Die Rennbahn in Pisa ist eine poetische Beschreibung des olympischen Hippodroms. Alle Mitglieder der Königsfamilie gewannen mit einem Viergespann. Königin Arsinoe gewann zu Beginn des 3. Jahrhundert v. Chr. sowohl das Viergespann-Rennen für ausgewachsene Pferde und das für Fohlen sowie das Zweigespann-Rennen für ausgewachsene Pferde. Zweigespann-Rennen mit Fohlen wurden erst 268 v. Chr. eingeführt.