Der Alltag der Gladiatoren
Grabrelief eines Gladiators Die dargestellten Siegeskränze sollen auf die erfolgreiche Karriere des Gladiators verweisen. (Bild: Grave stele of a gladiator, probably from Sparta, the gladiator wears a special helmet used in the games (galea) and holds a gladius, 3rd century AD, National Archaeological Museum of Athens von Carole Raddato unter CC BY-SA 2.0 lizensiert) |
Wer als Sklave oder freier Mann in eine Gladiatorenkaserne („ludus“) eintrat, verabschiedete sich von seinem bisherigen Leben. Denn Gladiatoren waren vielen Einschränkungen unterworfen, auch diejenigen, die sich freiwillig für Geld zum Kampf in der Arena verpflichtet hatten: Sie mussten bei Tag und bei Nacht im ludus bleiben, sie durften nicht heiraten und deshalb auch keine legitimen Kinder zeugen, und somit beschränkten sich ihre sozialen Kontakte auf die Kameraden. Gladiatoren lebten, trainierten, aßen und schliefen zusammen; sie bildeten eine Schicksalsgemeinschaft.
Grabstein eines Gladiators aus Philippopolis (heute Plovdiv/Bulgarien)
Ich, Victor, ein Linkshänder, liege hier, meine Heimat ist Thessalonike. Es tötete mich ein unseliges Schicksal, nicht der meineidige Pinnas. Und nicht soll er sich rühmen. Ich hatte den Waffenbruder Polyneikes, der mich rächte, indem er Pinnas tötete.
Die Grabinschrift wirft ein Schlaglicht auf das ambivalente Verhältnis unter den Gladiatoren, die einerseits Kameraden, andererseits potenzielle Gegner in einem tödlichen Kampf waren. Hier wird darauf angespielt, dass einer der Kontrahenten eine vorherige Absprache nicht eingehalten hatte.
Die Skelette von einem Gladiatorenfriedhof in Ephesos liefern wertvolle Aufschlüsse über die Ernährung der Arenakämpfer: Mittels chemischer Analyse konnte festgestellt werden, dass Gladiatoren wenig Fleisch sondern vor allem Gerstenbrei und Bohnen aßen. Daneben nahmen sie einen mit Knochenasche angereicherten „Energiedrink“ zu sich. Appetitlich klingen diese Speisen nicht, doch reichlich waren sie, zumindest gibt es keine Hinweise auf Unterernährung. Auch die medizinische Versorgung war gut, manche Skelette weisen fachgerecht behandelte Knochenbrüche auf. Der berühmteste Arzt der Antike, Galen von Pergamon (2. Jahrhundert n. Chr.), war fünf Jahre lang Gladiatorenarzt in seiner Heimatstadt. Offensichtlich lag es im Interesse des Besitzers der Gladiatorenkaserne seine Truppe bei Kräften und guter Gesundheit zu halten.
Asche wurde von den Römern als Medizin genutzt:
„Gegen Unterleibskrämpfe und Quetschungen“ sagt Marco Varro - und ich zitiere ihn hier wörtlich - „soll eure Feuerstelle euer Medizinschränkchen sein. Drink Lauge von ihrer Asche und du wirst geheilt sein. Du siehst, wie es den Gladiatoren hilft nach den Kämpfen, wenn sie dies trinken.“
Die Ausbildungszeit bis zum ersten Kampf dauerte etwa ein halbes Jahr, danach mussten Gladiatoren etwa drei bis fünf Kämpfe pro Jahr absolvieren. Es gab eine klare Hackordnung, das so genannte palus-System („palus“ = Trainingspfahl): Je niedriger die palus-Zahl, desto höher der Rang. Ein altgedienter Kämpfer mit glorreichem Kampfrekord wurde als erster palus bezeichnet. In der Regel kämpfte er gegen seinesgleichen – es galt als Schande, als ranghoher Gladiator gegen einen Anfänger antreten zu müssen!
Nach drei Jahren in der Arena wurden Gladiatoren aus dem Kampfdienst entlassen, mussten jedoch noch weitere zwei Jahre in der Kaserne bleiben, beispielsweise als Trainer. Danach waren sie freie Männer, aber viele entlassene Gladiatoren kehrten wieder in die Arena zurück, weil sie als „Selbstvermarkter“ höhere Preise erzielen konnten.
Christian Mann