Gladiatorentypen und Waffengattungen

 

Um einen fairen Kampf zu gewährleisten und die Brutalität der Gladiatorenkämpfe in Schranken zu halten, gab es standardisierte Waffengattungen und spezielle Paarungen von Gladiatorentypen, sodass kein Kämpfer dem anderen haushoch überlegen war. Normalerweise ließ man Gladiatoren mit unterschiedlichen Ausrüstungen gegeneinander antreten, deren Vor- und Nachteile sich gegenseitig aufhoben, sodass jeder Kämpfer ähnliche Chancen auf einen Sieg hatte. Zumeist traten Leichtbewaffnete, deren Rüstung ihnen eine hohe Beweglichkeit erlaubte, gegen Schwerbewaffnete an, die besser geschützt waren, dafür aber schwere und unhandliche Waffen trugen. Keine antike Quelle überliefert uns eine detaillierte Typologie der Gladiatoren, vielmehr wurden die Bezeichnungen und die zugehörigen Waffen und Rüstungen von Forschern durch das Studium von Reliefabbildungen und Inschriften herausgefunden. Häufig hatten die einzelnen Gladiatorentypen ihre eigenen Gruppen von Fans.

 

Retiarius gegen Secutor
Links sieht man auf diesem Mosaik aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. den retiarius, der mit seinem Dreizack seinen Gegner angreift. Der secutor schützt seinen Körper mit seinem Schild gegen den Angriff. Ein Aufseher überwacht den Kampf der beiden.
(Bild: A Retiarus armed with trident and dagger fighting against a Secutor, the gladiator mosaic at the Roman villa in Nennig, Germany von Carole Raddato unter CC BY-SA 2.0 lizensiert)

Ein sehr beliebter leichtbewaffneter Gladiatorentyp der Kaiserzeit war der „retiarius“, der Netzkämpfer, der neben seinem charakteristischen Wurfnetz einen Dreizack – so wie der mythische Dreizack des Neptun –, einen kurzen Dolch und eine Metallplatte zum Schutz seiner linken Schulter trug. Kein Helm schützte seinen Kopf, mit keinem Schild konnte er die Schläge seines Angreifers abwehren. Häufig trat der derartig leicht ausgestattete retiarius gegen den schwerer bewaffneten „secutor“, „den Verfolger“, an. Dieser konnte sich mit einem großen, rechteckigen Schild schützen und hatte zudem einen Helm und Schienen am linken Bein. Zum Angriff verwandte er ein kurzes Schwert. Der „bimacharios“ der in beiden Händen Angriffswaffen trug, trat auch manchmal gegen den retiarius an.


Der „thraex“, oder „Thraker“, trug ein kurzes Krummschwert, einen kleinen Schild und einen Helm. Diese Rüstungsform lernten die Römer wahrscheinlich durch die thrakischen Soldaten kennen, die durch die Mithridatischen Kriege (89-63 v. Chr.) als Gefangene nach Rom kamen. Auch er war ein Leichtbewaffneter, der häufig mit dem „murmillo“ gepaart wurde. Der schwerbewaffnete murmillo war genauso ausgestattet wie der secutor und zeichnete sich allein durch die breite Krempe seines Helmes als separater Gladiatorentyp aus. Der „hoplomachos“, der nach der Art eines griechischen Hopliten mit Rundschild und Speer ausgestattet war, trat häufig gegen einen murmillo an, aber auch eine Paarung mit einem Thraker war möglich.

 

Hoplomachos gegen Murmillo
Der hoplomachos auf diesem Wandgemälde aus Mechern (Mosel) ist deutlich an seinem charakteristischen Rundschild zu erkennen. Seinen Speer hält er in der linken Hand und greift damit seinen Gegner an. Der murmillo schützt sich, wie der secutor, mit seinem großen Schild und hebt gleichzeitig sein Schwert zum Angriff. Als murmillo zeichnet er sich durch seinen auffälligen helm aus.
(Bild: Fresco depicting a hoplomachus fighting against a murmillo, 3rd century AD, from the Roman villa of Mechern, Museum of Pre- and Early History, Saarbrücken, Germany von Carole Raddato unter CC BY-SA 2.0 lizensiert)

Neben diesen asymmetrischen Kämpfen, in denen Gladiatoren verschiedener Waffengattungen gegeneinander antraten, gab es auch symmetrische Kämpfe mit nur einem Gladiatorentyp. Zu diesen gehörte der „provocator“, der ähnlich wie der murmillo und der secutor ausgestattet war, nur einen kleineren Schild trug, dafür aber eine Brustplatte als zusätzlichen Schutz hatte. Der „eques“, entgegen seines Namens „der Reiter“ nicht unbedingt auf einem Pferd kämpfend, trug einen Dolch, einen Rundschild, einen Helm und eine Tunika. Damit war er der einzige Gladiatorentyp, der nicht oberkörperfrei kämpfte. Alle anderen Gladiatoren waren nur mit einem von einem Gürtel gehaltenen Lendenschurz bekleidet.


Weder die hier vorgestellten Waffengattungen noch die Paarungen der Gladiatoren waren strikte Vorgaben: Sie waren nur die übliche Art und Weise, Gladiatorenkämpfe zu inszenieren, aber natürlich gab es immer auch Abwandlungen. Zum Beispiel verschwanden die in der Republik beliebten Gladiatorentypen „Samnit“ und „Gallier“ mit der Zeit und ihre Bewaffnung kann heute nicht mehr rekonstruiert werden. Zudem scheint sich die Bewaffnung der Gladiatoren mit der Kaiserzeit stärker standardisiert zu haben, denn auf frühen römischen Reliefs sind die Gladiatoren häufig ihrer Ausrüstung nach noch nicht klar einer Waffengattung zuzuordnen.

 

Konstanze Schiemann