Brutalität und Regeln bei den Gladiatorenkämpfen

 

Gladiatoren und Schiedsrichter
Auf diesem Mosaikausschitt (4. Jahrhundert, Rom) kämpft der „retiarius“ Kalendio (rechts) mit einem Netz, einem langen Dreizack und einem Dolch und der „secutor“ Astyanax (links) mit Schwert und Schild. Kalendios Körper ist kaum geschützt, aber er kann den Gegner mit seinem lange Dreizack auf Abstand halten; Astynax’ Schwert ist kürzer als der Dreizack; er braucht also zusätzlich einen Schild.
(Bild: Foto von Miguel Hermoso Cuesta unter CC BY-SA 4.0 lizensiert)

„Gefällt es euch nicht? Unterhalte ich euch nicht? Seid ihr nicht deshalb hier?“ Dieser bekannte Ausruf aus dem im Jahre 2000 veröffentlichten Film „Gladiator“ vom ehemaligen römischen Feldherren und späteren Gladiator Maximus Decimus Meridius, gespielt vom Oscarpreisträger Russell Crowe, karikiert treffend, wie man heute über die antiken Gladiatorenkämpfe im Römischen Reich denkt. Maximus erledigt in dieser Szene mehrere Gegner „kurz und schmerzlos“ und verhindert somit ein spannendes Spektakel, das eigentlich von den Veranstaltern und den Zuschauern gefordert wurde.

 

Brutalität spielte bei den antiken Kämpfen in der Tat eine große Rolle. Jedoch wird dabei oft außer Acht gelassen, dass es durchaus standardisierte Regeln gab, nach denen ein Kampf vonstattenging. Beispielsweise wurden die Waffentypen, die den Gladiatoren zur Verfügung gestellt wurden, so aufgeteilt, dass innerhalb der kämpferischen Paarungen eine Chancengleichheit herrschte, sodass eine Begegnung à la „David gegen Goliath“ ausgeschlossen war.

 

Außerdem gab es bei jedem Kampf einen Schiedsrichter und das Ende eines Kampfs war geregelt: Der Kampf wurde nämlich dann beendet, wenn ein Gladiator dem Schiedsrichter das Handzeichen für Aufgabe machte. In diesem Fall hatte das Publikum durch Rufe und Handzeichen die Wahl, den Veranstalter aufzurufen, den Gladiator zu begnadigen oder zum Tode zu verurteilen. Auch ein Unentschieden war möglich, wenn beide Kämpfer über eine längere Zeit hinweg sich ebenbürtig duellierten. Diese Möglichkeit bestand, da die Zuschauer fähige Kämpfer lieber in den nächsten Spielen nochmals sehen wollten als auf der Stelle tot. Es gibt auch einige Zeugnisse dafür, dass die Gladiatoren vor dem Kampf eine Absprache hielten, um zu verhindern, sich unnötigerweise tödlich zu verletzen. Nicht jede Niederlage führte also zum Tod.

 

Das Publikum wollte in erster Linie keine rohe Gewalt und Tode sehen; die Zuschauer hofften viel mehr darauf mutige und fähige Duellanten zu sehen, die der Todesangst trotzten, dem römischen Volk als Beispiel für Tapferkeit dienten und ihnen einen spannenden Kampf zeigten.

 

QUELLE: Petronius, Satyrica XLV 11-12

Petronius beschreibt einen Kampf, der gewalttätig, aber nicht spannend war, als sehr enttäuschend:

 

Er ließ berittene Gladiatoren töten, die von einer Lampe stammten, du hättest sie für Gockelhähne halten können; der eine eine Bohnenstange, der andere ein Humpelfuß, der dritte als Ersatz für einen Toten selbst ein Toter, der durchhauene Sehnen hatte. Der einzige mit etwas Dampf war der Thraker, der aber auch seinerseits nur nach den Schulregeln kämpfte. Kurz und gut, alle wurden später ausgepeitscht; zu laut hatten sie von der großen Menge ,Gebt es ihnen!' zu hören bekommen, ganz klar ein reines Davonlaufen das Ganze!


Die Gladiatoren waren keine richtigen Spitzensportler, aber fast alle körperlich beeinträchtigt. Der Einzige, der sich Mühe gibt, wird positiv hervorgehoben, auch wenn dieser nur nach den Schulregeln kämpft. Mit den Schulregeln ist das Training in den Gladiatorenschulen gemeint, durch das die Gladiatoren sich sowohl in Form von defensiven als auch offensiven Übungen auf die Kämpfe vorbereiteten. Ein guter Gladiator konnte natürlich mehr als diese Basistechniken.

 

Letztendlich bleiben die Gladiatorenkämpfe, sowohl aus heutiger als auch aus zeitgenössischer Perspektive, ein brutales Spektakel. Dennoch muss man differenzieren, da die Spiele über Regeln verfügten und oftmals nicht so blutig waren, wie wir es uns heutzutage stereotypisch vorstellen.

 

Sasha Müller