Christen und Sport

 

Nike krönt einen Athleten
Auf diesem hellenistischen Siegel krönt die Göttin Nike einen Athleten, den sie als Gewinner des Wettbewerbs erkoren hat.
(Bild: Foto von © Trustees of the British Museum unter CC BY-NC-SA 4.0 lizensiert)

Der griechische Sport stimmte nicht mit den christlichen Idealen überein. Gute Christen sollten kein Interesse an diesem Kult der körperlichen Schönheit und Stärke haben. Außerdem waren Sport und Spiele eng mit den paganen Kulten verbunden. Bei der christlichen Kritik an den Spielen kann man jedoch einige zeitliche und regionale Unterschiede feststellen. Während der ersten Jahrhunderte n. Chr., als die Christen noch eine Minderheit waren, kritisierten sie vor allem die paganen Kulte. Christen im Westen, die mit der römischen Sicht auf den Sport aufgewachsen waren, standen auch dem Sport ablehnend gegenüber, die Christen im Osten des Reiches allerdings nicht, da sie von einer Gesellschaft beeinflusst wurden, die diese Praktik schätzte. Im Laufe des 4. Jahrhunderts wurde die Mehrheit der Bevölkerung christlich und die paganen Kulte gingen unter. Die ganze Gesellschaft (sowohl Christen als auch Pagane) wurde generell prüder: Seinen Körper zu trainieren wurde zu einem Zeichen der Eitelkeit und athletische Nacktheit war verpönt.

 

Es scheint eher kontradiktorisch, dass die Christen dennoch eigentlich viel über Sport redeten. Das griechische Vokabular der römischen Zeit war nämlich voller Wörter und Bilder aus dem sportlichen Kontext, aber im christlichen Diskurs erhielten die alten Worte eine neue philosophische und religiöse Bedeutung. Das griechische Wort für Training, „askesis“, wurde als christliche „Askese“ neuinterpretiert und meinte somit nun die entbehrungsvolle Lebensweise der Christen, besonders der Mönche. Diese unterwarfen sich – wie die Athleten – einer strengen Selbstkontrolle und strikten Ernährungsregeln. Ihre Diät bestand jedoch nicht daraus, viel Fleisch zu essen, um ihre Muskeln wachsen zu lassen, sondern daraus, ihre Körper durch kontinuierlichen Nahrungsentzug zu disziplinieren.

 

Märtyrer wird von Engeln gekrönt
„Der heilige Sebastian wird nach seinem Märtyrertod von Engeln getröstet“ von Pieter Thys (17. Jahrhundert). Der Maler zeigt den Heiligen nach seinem Tod in der Arena, er wird von den Engeln wie ein athletischer Sieger geehrt.
(Bild: Gemälde von Pieter Thijs / gemeinfrei)

Christen sahen eine Verbindung zwischen ihren Märtyrern, die in der Arena hingerichtet wurden, und den griechischen Athleten, die Kampfsport praktizierten. Bevor sie sich ihrem letzten Kampf stellten, mussten sich Märtyrer wie Athleten ausziehen. Während Sportler stolz ihre Namen zur Jury riefen, identifizierten sich die Christen mit den Worten „Ich bin ein Christ“. Auch sie mussten bis zum letzten Atemzug durchhalten und wurden von ihren (christlichen) Unterstützern angespornt, genau so wie die Boxer im Stadion. Wenn sie bis zum Ende durchhielten, errangen sie den Sieg und erhielten einen Siegeskranz, die „Krone der Märtyrer“, die in späterer Zeit häufig in christlicher Kunst dargestellt wurde. In den Märtyrerberichten wird oft betont, dass diese Krone nicht verwelkt, anders als der Kranz, den man bei den Olympischen Spielen erwerben konnte. Ferner können auch Palmzweige sowohl für den Sieg eines Sportlers wie für den Sieg eines Märtyrers stehen. Die christlichen „Athleten“ erhielten ewigen Ruhm, nicht nur bei den Menschen, sondern auch bei Gott im Himmel.