Das Ende der Olympischen Spiele

 

Ebenso wie das Datum der ersten Olympischen Spiele ist auch deren Ende umstritten. Zwei byzantinische Autoren schrieben mehrere Jahrhunderte später, dass die Olympischen Spiele in der Regierungszeit eines Kaisers Theodosius ihr Ende gefunden hätten. Da sie sich jedoch uneinig darüber sind, unter welchem Kaiser dieses Namens dies stattgefunden haben soll, kursieren heutzutage zwei verschiedene Jahresangaben für das Ende der Olympischen Spiele: Die einen nehmen an, Theodosius I. habe die Spiele 393 n. Chr. abgeschafft, die anderen, sein Enkel Theodosius II. 426 n. Chr.

 

QUELLE: Kedrenos, Compendium Historiarum 573

Kedrenos schrieb ein Geschichtswerk etwa 1050 n. Chr.


Zur selben Zeit fand das Fest der Olympiaden, welches alle vier Jahre stattfand, sein Ende. Diese Veranstaltung fing an, als Manasses über die Juden geherrscht hatte und bestand fort bis in die Regierungszeit von Theodosius dem Großen.

 

 

QUELLE: Scholia in Lucianum XLI 9, 42-46

Dieses Scholion wurde in späterer byzantinischer Zeit verfasst, aber wir kennen das genaue Jahrhundert nicht. Scholia sind nämlich Anmerkungen zu schwierigeren Wörtern, die am Rand von Manuskripten hinzugefügt wurden, etwa wie in diesem Fall zum Begriff „Olympisch“.


Die Olympischen Spiele … bestanden lange Zeit bis zu Theodosius dem Jüngeren, welcher der Sohn des Arcadius war. Nachdem der Tempel des Olympischen Zeus niedergebrannt war, wurde das Fest der Eleer und der Olympische Wettkampf aufgegeben.


Bei Theodosius dem Großen handelt es sich um Theodosius I. (379-395). Theodosius der Jüngere ist sein Enkel Theodosius II. (408-450). Wahrscheinlich irrt sich der erste Text im Datum. Dieser Abschnitt folgt nämlich unmittelbar auf eine Episode, in der Kedrenos noch ein anderes Ereignis unter Theodosius II. versehentlich Theodosius I. zuschreibt.

 


Beide Vorschläge können nicht überzeugen, da sie davon ausgehen, dass die Ursache für das Ende der Spiele in einem kaiserlichen Erlass zu suchen ist. Zwar versuchten christliche Kaiser im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. tatsächlich, heidnische Opfer und Kulte zu verbieten, jedoch berichten die Quellen nicht darüber, dass sportliche Wettkämpfe dieser gegen die Heiden gerichteten Politik zum Opfer gefallen seien, sondern lediglich, dass sie ihr Ende gefunden hätten.

 

Neuere Forschungen haben ergeben, dass heidnische Opfer bereits in den 340er Jahren aus dem zeremoniellen Teil der Spiele verschwanden. Die Verbindung zwischen Sport und Religion war seitdem aufgelöst. Die Kaiser förderten weiterhin die Spiele, da sie – wie auch andere Spiele – ihrer Popularität zuträglich waren. Die wichtigsten Gründe für das Ende der griechischen Wettkämpfe waren wirtschaftlicher Natur. Städte, welche die Spiele organisierten, hatten ein zunehmend geringeres Einkommen und konnten die Spiele daher kaum mehr finanzieren. Darüber hinaus begannen die Menschen, Sport und den Ruhm, der bei den Spielen erworben werden konnte, negativ zu bewerten. In der Spätantike wurden die Leibesübungen von Heiden wie Christen immer stärker als ein Zeichen der Eitelkeit bewertet.

 

Säulen des Zeus-Tempels:
Der Tempel des Zeus bei Olympia wurde im frühen Mittelalter von einem Erdbeben zerstört. Man kann immer noch sehen, wie die Säulen zu Boden gefallen sind.
(Bild: Foto von Pan.stathopoulos unter CC BY-SA 4.0 lizensiert)

Viele Wettbewerbe in der Mittelmeerwelt verschwanden im Laufe des 4. Jahrhunderts n. Chr. Die Olympischen Spiele wurden länger als die meisten anderen Spiele ausgetragen. Archäologische Funde und einige Texte lassen den Schluss zu, dass sie noch das 4. Jahrhundert überdauert haben, kurz darauf aber zum Erliegen gekommen sind. In den 420er und 430er Jahren wurde die Zeusstatue des Phidias, eines der Sieben Weltwunder der Antike, von Olympia nach Konstantinopel abtransportiert. Lediglich ein Wettkampf bestand noch etwa ein Jahrhundert lang fort, nämlich die lokalen Olympischen Spiele in Antiochia in Syrien. Sie wurden das letzte Mal 520 n. Chr. ausgetragen.